Sonntag, 10. Juni 2012

Die Leistungsphysiologie des Sportpferdes Teil 5



Das Aufwärmen des Pferdes vor der Arbeit

Aus den bisher gemachten Ausführungen wird deutlich ersichtlich wie wichtig die verbesserte Sauerstoffausnutzung und der dadurch verbesserte aerobe Stoffwechsel für das Pferd sind. Die Auswirkungen einer guten  und gründlichen Aufwärmphase des Pferdes, vor jeglicher Belastung, sind daher offensichtlich.

Der anaerobe Stoffwechsel, die Sprintleistung und die Ermüdung

Über den anaeroben Stoffwechsel des Pferdes sind bis dato nur geringe Daten bekannt. Wie wir bisher bereits gesehen haben reicht das im Muskel vorhandene ATP nur für wenige Muskelkontrktionen aus. Bei allen kurzzeitigen Belastungen sind das Kreatinphosphat und die anaerobe Glykolyse wichtig. Erst bei länger andauernder Belastung nimmt die Gewichtung des aeroben Stoffwechsels an Bedeutung zu.
Das Pferd gewinnt also das benötigte ATP, in Abhängigkeit von der Belastungsdauer und der Belastungsstärke,  zum größten Teil entweder aus dem anaeroben oder dem aeroben Stoffwechsel.

Eine Sonderstellung, im Bereich des anaeroben Stoffwechsels, nimmt hier das Quarter Horse ein. Die englischen Auswanderer, die sich damals als Siedler in Nordamerika niederließen, brachten ihre Leidenschaft für das Pferderennen mit nach Amerika. Da jedoch weder ausreichend finanzielle Mittel noch genügend Zeit zur Verfügung standen, um gepflegte Rennbahnen anzulegen, wurden einfach die Hauptstraßen der jeweiligen Ortschaften als Rennstrecken benutzt. Diese Rennen erstreckten sich grundsätzlich über die Distanz von einer viertel Meile. Von der gebräuchlichen Bezeichnung dieser Rennen, "a quarter of a mile", erhielt das Quarter Horse auch seinen Namen. In Folge dieser Rennen fand eine automatische Selektion der Pferde statt, welche Antritt und Schnelligkeit dieser kurzen Distanz besonders gut bewältigten. Im Rahmen der Zuchtselektion kristallisierte sich ein Pferd heraus, dass auf kurzen Strecken selbst dem englischen Vollblut konkurriert. Über eine Distanz von 400 Meter erreicht ein Quarter Horse eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 1200 Meter in der Minute, was einer Geschwindigkeit von 72 km/h entspricht.

Man hat herausgefunden, dass das ATP beim Quarter Horse für diese 400 Meter zu 80 % aus dem Kreatinphosphat, zu 18 % aus dem anaeroben Glukoseabbau und nur zu 2 % aus dem aeroben Stoffwechsel gewonnen wird.

Vergleicht man diese Werte mit den Werten während eines Derbyrennens (2400 m), wofür die Pferde circa zwei Minuten benötigen, so stellt man fest, dass bei diesen Pferden das ATP nur noch zu 5 % aus Kreatinphosphat, zu 70 % aus dem anaeroben Glukoseabbau und zu 25 % aus dem aeroben Stoffwechsel gewonnen wird.

Mit der Belastungsdauer nimmt also der aerobe Anteil der ATP-Gewinnung signifikant zu. Bei Vielseitigkeitsprüfungen mit ihren wechselnden Belastungphasen liegt dieser Anteil bei etwa 50 % und bei Distanzritten steigt der aerobe Anteil der ATP-Gewinnung sogar auf bis zu 95 %.

Aus den bisherigen Ausführungen wird klar ersichtlich, welch erhebliche Rolle es spielt, dass die Pferde im Hinblick auf ihre Verwendung ein jeweils spezifisches Training benötigen und eine Vorselektion auf bestimmte Merkmale bezüglich der Rasse als auch innerhalb einer Rasse zwingend notwendig ist.

Zur genauen Beurteilung der anaeroben Leistungsfähigkeit eines Pferdes sind die jeweils vorhandenen Muskelfasertypen, die wichtigen Enzyme für den anaeroben Stoffwechsel sowie der Milchsäureanstieg, bei genau definierter Belastung, von großer Bedeutung.

3 Kommentare:

  1. Annette, dieser Teil könnte für die Erklärung relevant sein, warum manche Pferde schneller Hufrehe bekommen als andere.

    Quarter Horses gehören nämlich dazu. Ich habe mich mal darüber mit Beth Valentine unterhalten, die allerdings damals von der Quarter Horse Association nur den Auftrag hatte, die hohe Anfälligkeit von Quarter Horses auf Kreuzverschlag zu untersuchen .. und die neigen zu EPSSM .. sie meinte, auch Hufrehe könnte oft genetisch bedingt sein und eben was mit den Myoglobinspeichern zu tun haben, denn die sind bei Quarter Horses genetisch mehr vorhanden.

    Ich werde die drei Absätze in der Mitte mal später im Forum zu dem Thread auch dazu tun, wo ich mir Gedanken darüber gemacht habe, was Sauerstoff und Myoglobinspeicher miteinander zu tun haben könnten.

    Weil Wale haben extrem große Myoglobinspeicher und die können deswegen so lange tauchen, weil der Körper auch Sauerstoff über die Myoglobinspeicher bekommt.

    Das Spezialfutter für EPSSM Pferde ist auch als Müsli für Rehepferde besonders gesund .. das ist extrem fetthaltig.

    Hast Du das aus einem Fachbuch und Deiner Ausbildung?

    Kannst Du damit, was ich gerade gesagt habe, was anfangen?

    LG
    Renate

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  2. Hallo Renate...

    Das Material habe ich meinen Ausbildungsunterlagen entnommen und zusammen mit Fachliteratur neu bearbeitet. Ist auch für mich ne tolle Sache, dieses Material mal wieder gründlich durchzugehen (man hat das ja nicht alles im Kopf). Hier habe ich jetzt den entsprechenden Ansporn, alles nach und nach nochmal durchzuarbeiten und aufzufrischen.
    Freue mich auch über Kritik oder Anregungen zu den Ausführungen.

    Das mit dem Myoglobin und der Sauerstoffbindung sagt mir was, da musst Du Dich aber noch etwas gedulden, das kommt voraussichtlich in Teil 8. Werde das aber nicht ganz so ausführich behandeln, da es ja in dieser Serie primär um die allgemeine Physiologie geht.

    PSSM/EPSM, SER und RER werden vielleicht mal eigene Serien, bei denen ich dann genauer darauf eingehen werde.

    LG Annette

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  3. Das ist super . ich suche auch .. habe neulich was über Wale gesehen, wo ich dachte, da irgendwo muss der Punkt sein, wo es hakt ... denn auch wenn wir Vitamin B1-Räuber haben, entsteht ja Laktat, weil der Citratcyklus deshalb nicht richtig laufen kann und so erstmal anaerob das Pyruvat abgebaut werden kann. Und auch kommt dann Hufrehe .. nur was passiert dann, dass manche Pferde es besser wegstecken als andere.

    Ich habe auch noch einen anderen Thread zum Cholesterin laufen, denn Fettfütterung hilft ja und auch da irgendwo muss es den Punkt geben, wo es bei Rehepferden nicht so gut läuft wie bei anderen.

    Ich finde hier immer rein, schaue immer wieder nach ... habe mich zwar auch zum Folgen angemeldet, aber das dauert immer solange, bis ich ne mail kriege, so bin ich alleine viel schneller bei Dir und finde, was neu ist.

    LG
    Renate

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