Dienstag, 12. Juni 2012

Die Leistungsphysiologie des Sportpferdes Teil 4



Der Herzschlag (Frequenz) und die Herzleistung

Die Herzschlagfrequenz des Pferdes liegt im Ruhezustand bei 30 bis 40 Schlägen pro Minute. Bei maximaler Arbeit kann sich die Herschlagfrequenz auf bis zu 240 Schläge pro Minute steigern. Nach beginnender Arbeit steigt die Herzschlagfrequenz schnell an. Bei starker Belastung kann man bei vielen Pferden eine zuerst häufig überschießende Herztätigkeit beobachten, welche aber nur kurzfristig anhält und nach 30 bis 45 Sekunden wieder auf einen gleichbleibenden Wert absinkt (bei gleichbleibender Arbeit). Man spricht in diesem Zusammenhang vom so genannten "Plateauwert".

Da bei Sportpferden sowohl die Sauerstoffaufnahme als auch die geleistete Arbeit nicht exakt gemessen werden können hat man sich, als einem brauchbaren Parameter, auf die Laufgeschwindigkeit des Pferdes festgelegt.
Nach Ende einer körperlichen Arbeit sinkt die Herzschlagfrequenz in den ersten 60 Sekunden sehr schnell ab, um danach zunehmend langsamer abzusinken. Je größer dabei die Sauerstoffschuld ist, desto langsamer sinkt die Herzschlagfrequenz auf ihre Ausgangswerte ab.

Auf das Absinken der Herzschlagfrequenz haben neben der Belastungsintensität und dem Trainingszustand noch weitere Faktoren Einfluss:
- Die Lufttemperatur
- Die Luftfeuchtigkeit
- Die Windgeschwindigkeit
- Die Erregung des Pferdes

Aus diesem Grunde kann man zur Beurteilung von Ausdauer und Leistungsfähigkeit eines Pferdes nicht alleine die Abnahme der Herzschlagfrequenz heranziehen.

Mit steigender Herzschlagfrequenz nimmt die Dauer der Diastole (Erschlaffungs- und Füllphase des Herzens) wesentlich stärker ab als die Dauer der Systole (Pump- und Kontraktionsphase des Herzens). Bei zunehmder Herzfrequenz wird somit die Erholungszeit (Diastole) des Herzmuskels, im Verhältnis zur Systole, immer geringer. Bei einer Herzschlagfrequenz von 230 muss innerhalb einer Diastolenphase, mit einer Dauer von nur 0,06 bis 0,07 Sekunden, die Menge von circa 1 Liter Blut in jede Herzkammer fließen. Wie dann der aufgenommene Sauerstoff im Körper des Pferdes verteilt wird hängt von der Pumpleistung (Systole) des Herzens und der Sauerstofftransportkapazität des Blutes ab. Die Erhöhung des Herzminutenvolumens (die Blutmenge, welche innerhalb einer Minute vom Herz gepumpt wird) ist im Wesentlichen von der Herzschlagfrequenz abhängig. Das Volumen, das bei einem einzigen Herzschlag vorhanden ist (Herzschlagvolumen), ändert sich auch bei steigender Herzschlagfrequenz kaum. Das Herzminutenvolumen kann bei Arbeitsleistung auf fast das Zehnfache gegenüber der Ruhephase ansteigen.

Die bis zu 35fache Erhöhung der Sauerstoffaufnahme kann mit dem gesteigerten Herzminutenvolumen, der erhöhten Sauerstofftransportkapazität des Blutes, der besseren Muskeldurchblutung und einer größeren Sauerstoffausnutzung im arbeitenden Muskel selbst erklärt werden. Das Pferd kann durch Abruf der, in der Milz gespeicherten, Erythrozyten die Hämoglobinkonzentration um bis zu 60 % erhöhen. Dadurch kann auch 60 % mehr Sauerstoff im Blut transportiert werden.

Eine weitere Anpassung an die Arbeitssituation erfolgt durch die stark erhöhte Muskeldurchblutung und die höhere Sauerstoffausnutzung. Die Muskeldurchblutung wird beim arbeitenden Pferd bis fast zum 80fachen erhöht. Diese hohe Durchblutung wird durch das starke Absinken des pH-Wertes in der arbeitenden Muskulatur erreicht, was zur Folge hat, dass sich der periphere Widerstand senkt. Diese niedrigen pH-Werte bei gleichzeitig höher werdender Temperatur im arbeitenden Muskel erleichtern die Sauerstoff-Freisetzung aus dem Hämoglobin. Dadurch erlaubt dieser Mechanismus (Bohr-Effekt) eine schnelle und effiziente Ausnutzung des Sauerstoffs in den Kapillaren der Muskulatur. Untersuchungen haben gezeigt, dass dieser Effekt bei Pferden höher ist als bei den meisten anderen Tieren.

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