... Bauer Grosan hat gegen Abend das Vieh und seine beiden Pferde beschickt, hat mit "Hans" und "Liese" die übliche kurze Abendunterhaltung geführt, die immer damit endet, dass beide nicht mehr jungen Braunen ihre weichen Pferdenasen fast liebkosend an das stoppelige Gesicht ihres Herrn stupsen. Es ist der Abend vor Weihnachten. Nun steht er sinnend vor der Stalltüre und raucht ein Pfeifchen. 
"Gewiss ist der Wagen fertig" denkt er "aber Gott möge mich behüten ihn so benutzen zu müssen".
 Bei
 diesen Gedanken  sieht er über dem großen Wald den Himmel sich röten, 
das Unheil nimmt seinen Lauf. "In vier Stunden müsst ihr Anschluss an den
 großen Treck haben", lautet die Nachricht, die ihn bald von seiner 
Gemeinde erreicht.
Das Vieh wird losgemacht und kräftig
 mit Futter versorgt und den Bauern mit seiner Frau ziehen schnaufend 
die beiden Braunen über die schneeverwehten Wege, Richtung Westen.
Doch
 schon in der Nacht wird der lange Treck durch ein markerschütterndes 
"Stoi" und eine Anzahl Schüsse auseinandergerissen. Der treue "Hans" 
liegt verendend in seinen Sielen und während der hinkende Bauer Grosan, 
zusammen mit vielen anderen Männern den Marsch nach Russland antreten 
muss, spannt die Bäuerin geistesgegenwärtig die "Liese" aus und gewinnt 
mit ihr wieder den Anschluss an den Treck gen Westen. Der Weg ist 
schwer, nicht nur für die Bäuerin, sondern auch für Liese, doch beide 
wollen leben und kämpfen sich durch das schneeverwehte und eisigkalte 
Land.
Nach den Bangen um das Los des Mannes, tritt die Sorge um 
das Futter für den vierbeinigen Gefährten in den Vordergrund. Doch es 
gelingt der Bäuerin, mit Hilfe von Weggenossen, sich mit ihrem Pferd 
durchzuschlagen und die Elendsstraßen zu überwinden, um letztendlich in 
einem Dorf des Westens Unterschlupf für sich und ihr Pferd zu finden.
Während
 Bauer Grosan lange Jahre im Osten Frondienste leisten muss, welche er 
nur durch seine derbe Bauernnatur übersteht, steht seine Frau tapfer am 
Scharwerk und "Liese" muss durch Gespanndienste unter fremden, lieblosen
 Händen ihr Leben fristen. Noch oft, wenn ihr abends das Futter gestreut
 wird, sucht ihre Nase wie früher das Gesicht ihres Herrn. Noch oft 
spitzt sie die Ohren, um nach der Stimme zu horchen, die zu Hause zwar 
hart aber doch vertraulich ihre Pferdeseele beeindruckt hat. Kein "Hans"
 mehr an ihrer Seite, kein Herr, der ihr so kräftig und doch so 
liebevoll aufs Hinterteil klopfte. Nur am Sonntag, wenn alle Arbeit 
ruht, schleicht sich die Bäuerin in den Stall an Lieses Seite. Sie legt 
ihre Arme um den noch immer schönen Hals der Stute und drückt ihr 
zerfurchtes Gesicht an deren Nase. Dann stehen sie eine Weile ganz
 still. Ob auch Liese erfassen mag worum es geht? Und die Bäuerin sitzt 
dann wohl ein, sogar zwei Stunden auf der leeren Kiste am Kopfende ihres
 Pferdes und spricht leise von dem, was ihr Herz bewegt, so als solle 
auch die treue Liese um Alles Bescheid wissen. Sie, die über zwölf Jahre
 lang den Bauern in der Heimat diente und deren Rücken dem damals 
heranwachsenden Erbsohn einen Großteil seiner Welt bedeutete - und 
scheint es nicht, als ob das Tier an Allem Teil nimmt?
Lieses Kopf
 geht langsam auf und nieder, hin und her, während die Kette leise 
klirrt und wieder scharrte sie mit den Hufen, so als wollte sie sich 
besonders vernehmlich zeigen. Dann schweigen Beide und langsam geht die 
Bäuerin wieder in ihre Kammer zurück. Der Feiertag ist zu Ende ...
Während
 die Beiden jahrelang so leben, ist Bauer Grosan wieder im Westen 
angelangt und findet nach vielen Mühen seine Frau. Die große 
Wiedersehensfreude verdrängt den Kummer des Alltags. Schon am nächsten 
Abend geht es zu Liese. Der harte Mann steht bange vor der Stalltüre, 
wie ein kleiner Junge vor dem Weihnachstisch. Dann betritt
 er den Stall. "Na Lieske?!" In diesen beiden Worten des ostpreußischen 
Bauern liegt alles enthalten, was er nach jahrelanger Trennung zu sagen 
hat. Es folgt ein derber Klapps auf Hinterteil und Hals, doch dann 
gleitet fast behutsam die harte Hand über den immer noch schönen Kopf 
der alten Stute. Liese spitzt die Ohren und ein kurzes Wiehern gibt die 
Antwort.
Nach langen, bitteren Jahren erfährt Bauer 
Grosan wieder das Wohlgefühl, wenn eine weiche Pferdenase an seine 
eingefallenen Wangen stößt. Noch lange steht an diesem Abend das 
heimatlose Bauernpaar um seine Liese, die ihnen nunmehr Alles bedeutet, 
denn auch der Erbbauer kommt nicht zurück. Zwei Menschen und nur ein 
Tier aber doch drei gleichgesinnte Seelen, so will es scheinen. Die alte
 Stute schiebt sanft ihren Kopf auf die Schulter ihres Herrn und nicht 
einmal der Futterknecht ihres jetzigen Arbeitgebers wagt es, in dieses 
feierliche Geschehen einzugeifen.
In fremdem Marschland haben die Grosans jetzt eine 
winzige Siedlerstelle. Sie sind es gewohnt mit der Natur einen schweren 
Kampf zu führen und diese Arbeit dennoch zu lieben. Die alte Liese zieht
 wie einst zu Hause den Pflug durch den Boden, sie schaffen vom Morgen 
bis zum späten Abend. Doch wenn im Westen die Sonne blutrot über dem See
 steht, wandert des Bauern Blick voller Sehnsucht nach dem dunklen, 
versinkenden Osten, wo weit, weit hinten seine Heimat liegt. Er nimmt 
die gute Liese an den Zügel und Beide wandern müde auf die Siedlung zu. 
Die Gespräche, die abends im heimatlichen Stall geführt wurden, sind 
längst verstummt. Nur wenn die weiche Pferdenase wie tröstend das Gesicht
 des Bauern Grosan sucht, hört man ihn die alles sagenden Worte murmeln:
"Ja, ja meine Lieske"
Hi!
AntwortenLöschenSchöner Blog, ich verfolg dich mal. wenn du magst schau doch mal bei mir vorbei.
http://pinkisplauderstube.blogspot.de/
Hallo Annette, ich hoffe, dass Du eine Nachricht bekommst, wenn ich hier einen Kommentar in Deinen Blog schreibe. Du wirst ganz dringend gesucht von jemand, der früher mal Prelude gehört hat und die gern wissen möchte, wie es ihr geht. Ich habe ihr gesagt, sie ist bei Dir in besten Händen, aber sie versucht schon wochenlang, Dich telefonisch zu erreichen. Ich versuch mal zu helfen. Melde Dich doch mal bei mir.
AntwortenLöschenLG
Renate
Sorry ... es ist was schief gegangen. Ich möchte an Deinen Blog das Stöckchen zum Blog-Award auch weitergeben. Wenn Du mitmachen möchtest, findet Du mehr Infos, wie das geht hier:
AntwortenLöschenhttp://pferde-tiere-gesundheit-soziales-zeit.blogspot.de/2014/03/blog-award.html
Hallo Anette,
AntwortenLöschenwie geht es dir denn? Schade, dass du nicht mehr hier schreibst. Ich lasse mal liebe Grüße da.
♥lich Carola