Montag, 3. Dezember 2012

Das Gehör unserer Pferde

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Hörkünstler Pferd

Die Ohren sind für unsere Pferde ein sehr wichtiges Instrument zum Überleben, wichtiger noch als die Augen. Sie haben ein Rundumhörvermögen von 360 Grad ohne tauben Bereich. Anders als beim Menschen, dessen Ohren fest am Kopf fixiert sind, sorgen beim Pferd 16 sensible Muskeln für weitreichende Flexibilität und Beweglichkeit. Jede der beiden Ohrmuscheln, die wie Tüten geformt sind, hat die Fähigkeit sich unabhängig von der anderen Ohrmuschel, um jeweils 180 Grad zu bewegen. Dies macht unsere Pferde zu Rundumhörkünstlern.
Ebenso wie beim Menschen ist auch beim Pferd das Ohr, neben der ständigen Aufnahme von Geräuschen, für den Gleichgewichtssinn zuständig. Das im Innenohr liegende Gleichgewichtsorgan ist für die Orientierung des Pferdes sehr wichtig, da es ohne dieses Organ - ebenso wie der Mensch und andere Säugetiere - nicht in der Lage wäre sich auf den Beinen zu halten oder sich koordiniert zu bewegen.
Die Sinnesnerven des Gleichgewichtsorgans senden ständig Impulse zum Gehirn, welche sich mit den Impulsen der Augennerven verbinden, die ebenfalls mit dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr verbunden sind und somit, trotz schnellster Bewegungen, ein stabiles Bild der Umgebung aufrechterhalten.
Die Ohren des Pferdes sind unablässig in Bewegung, da dieses Sinnesorgan des Pferdes ebenso auf Flucht programmiert ist wie die anderen Sinnesorgane. Nimmt das Pferd eine neue Geräuschquelle wahr, so wendet es dieser erst das eine Ohr zu, dann das andere, um letztendlich den gesamten Kopf  in Richtung der Geräuschquelle zu wenden und der Ursache auch visuell auf den Grund zu gehen.
Das Hörvermögen unserer Pferde ist hochsensibel und um ein Vielfaches ausgeprägter als beim Menschen. Während es sich mit dem einen Ohr auf eine bestimmte Geräuschquelle konzentriert, kann es mit dem anderen Ohr eine völlig andere Sache wahrnehmen. Das Pferd erkennt mittels der Ohren auch die Stimme seines Menschen und sogar den Klang seines Autos, woraufhin sich der Kopf des Pferdes manchmal erwartungsvoll bereits in dessen Richtung wendet.

Hören im Ultraschallbereich

Während wir Menschen einen oberen Frequenzbereich von 18.000 bis 20.000 Hertz pro Sekunde wahrnehmen, erstreckt sich dieser Schallbereich beim Pferd auf das Doppelte, also auf bis zu 40.000 Hertz pro Sekunde. Der Ultraschallbereich beginnt bei 20.000 Hertz und ist für den Menschen (normalerweise) nicht mehr wahrnehmbar. Unsere Pferde nehmen also bis zu 40.000 Schallschwingungen pro Sekunde wahr. Übertroffen werden sie dabei noch von der Fledermaus, deren Wahrnehmung bei 150.000 Hertz liegt und vom absoluten Spitzenreiter Delphin, dessen Hörbereich sich bis auf 200.000 Hertz erstreckt.
Wenn man nun bedenkt, welch großer Belastung unsere Pferde heute durch Ultraschallsignale ausgesetzt sind, so erklärt sich auch manch unerwartetes, für den Menschen meist grundloses, Scheuen oder Verweigern der Pferde in manchen Situationen oder Umgebungen. Diese Ultraschallattacken für unsere Pferde gehen beispielsweise von Flugzeugen, Zügen, Alarmanlagen, Radargeräten oder Windkraftanlagen aus. Doch auch viele Kleingeräte senden Ultraschallwellen aus, so zum Beispiel Geräte zum Vertreiben von Insekten, Nagetieren oder Wild. Viele Autofahrer bringen sogar Ultraschallmodule an ihren Autos an, um so das Wild von der Straße fernzuhalten. Reiter sollten deshalb immer darauf gefasst sein, dass ihr Pferd aus scheinbar völlig unerklärlichem Grund plötzlich erschrickt, scheut oder gar durchgeht, da diese Ultraschallgeräte einen regelrechten Hörschock auf unsere Pferde ausüben.
Die Fachwelt ist sich noch nicht ganz einig darüber ob die sogenannte Nasentrompete des Pferdes (ein Hautsack seitlich des Eingangs der Nüstern), welche sich beim Schnauben aufbläht, eventuell Ultraschalltöne erzeugt und somit zur Kommunikation mit Artgenossen dient. Wir alle wissen, dass Pferde sich gerne an den Nüstern beschnuppern, was durchaus darauf hinweisen könnte, dass sie dabei tatsächlich Ultraschalltöne zur Verständigung untereinander erzeugen und aussenden. Sollte diese These zutreffen (ich persönlich tendiere dazu), so können die überall vorkommenden künstlichen Ultraschallquellen unsere Pferde sowohl in der Kommunikation untereinander als auch ihrer Orientierung erheblich stören.
Ich bitte daher jeden Pferdehalter und Reiter, sich im Umgang mit dem Pferd, dieser, für uns unmerklichen Geräuschquellen, bewusst zu sein und das Pferd nicht voreilig zu bestrafen, wenn es einmal scheinbar grundlos zu scheuen oder zu verweigern scheint, da es eventuell einer sehr erschreckenden Geräuschattacke ausgesetzt war.












5 Kommentare:

  1. Man lernt nie aus.

    Ich mag ja blogs wo man auch noch etwas dazu lernen kann :)

    Liebe Grüße
    Björn :)

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    1. Danke Björn,

      es freut mich, wenn ich durch diesen Beitrag Deinen Wissenshunger etwas stillen durfte :-)

      Liebe Grüße,
      Annette

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  2. ich lese deine Posts so gerne...echt klasse...lg,easy

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    1. Ich danke Dir easy. Das hört man immer gerne. So macht das Schreiben gleich viel mehr Spaß :-)

      Liebe Grüße,
      Annette








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  3. Sehr geehrte Frau Schmidt,

    ich bräuchte bitte Ihre fachfrauliche Beurteilung der nachfolgend geschilderten Situation, die ich als Laie sehr problematisch und für die Pferde äußerst stressig einstufe.

    Im letzten Absatz des Artikels “Rosenmontag hoch zu Ross”, der am 13.02.15 im “Mannheimer Morgen” erschienen ist, wird u.a. folgendes berichtet (letzter Absatz): “... Anschließend stehen für Fußvolk und Reiterkorps vier Stunden Umzugstrubel an. “Mal sehen, wie die Pferde das meistern, wir kommen nämlich gleich nach der Musik”, sagt die Frankenthalerin Jeanette von Opel. Pferd Ehrenmann muss sich übrigens keine Gedanken um eine Karriere als Karnevalsross machen, er hat andere Qualitäten”, lacht von Opel und klopft ihrem Pferd zärtlich den Hals, ehe es in seinen Stall zurück trabt.

    Ich finde es ebenso unverantwortlich wie rücksichtslos, die Pferde einem solchen Spektakel, auch noch direkt hinter der lauten Musik, den Trommlern, der Menschenmasse, dem Gegröle ...über satte vier Stunden auszusetzen. Die Tiere stehen während der ganzen Zeit unter unzumutbarem, kolossalem Dauerstress!
    Was hat das für Folgen? Wie beurteilen Sie diese Dauerbelastung?

    Besten Dank für Ihre möglichst zeitnahe Auskunft.

    Nette Grüße,
    Rita Kleb






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